Was ist spezielle Schmerztherapie?
Wissenschaftliche Erkenntnisse – Stand der Schmerzforschung
"Schmerz ist nicht nur die Wahrnehmung einer Gewebsschädigung, sondern ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis"
(Definition der international Welt-Schmerzgesellschaft IASP)
Wie stark Schmerzen empfunden werden, hängt nicht nur von der Ursache einer Schädigung ab, sondern von der Persönlichkeit des betroffenen Menschen, von seinen Gefühlen und Ängsten, von Erwartungen und persönlichen Erfahrungen ab. Eine erfolgreiche Schmerztherapie muss alle diese Bereiche mit einbeziehen, um Erfolg zu haben.
Wie unterscheiden sich akute und chronische Schmerzen?
Akute Schmerzen stellen in der Regel ein sinnvolles biologisches Alarmsignal mit Schutzfunktion dar, z.B. schnelles Wegziehen der Hand von der heißen Herdplatte. Schmerzen melden uns Gewebeverletzungen (z.B. ein Knochenbruch) und stellen ein Hauptsymptom einer Entzündung dar (z.B. bei einer Blinddarmentzündung) und warnt uns vor schweren Folgen (z.B. Blinddarm-Durchbruch mit Bauchhöhleneiterung).
Schmerzen sind der häufigste Grund, warum ein Arzt aufgesucht wird. Gute Schmerztherapie ist die Aufgabe jedes Arztes. Wichtig ist dabei:
- Akute Schmerzen sollten mit demselben intensiven Bemühen behandelt werden wie die Erkrankung, die dazu geführt hat.
- Bestehen Schmerzen länger als 3 Monate, drohen sie chronisch zu werden.
Von chronische Schmerzen spricht man, wenn Schmerzen weiter bestehen, obwohl die Verletzung oder Krankheit längst behandelt ist. Ein Beispiel sind Gürtelrosenschmerzen, die auch nach Abheilen der Hautbläschen weiterhin andauern, oder Phantomschmerzen nach Beinamputation. Auch Migräne oder Rückenschmerzen sind typische und in der Praxis häufig vorkommende Beispiele für jahrelange, immer wiederkehrende Schmerzen.
Wie kommt es zum Schmerzgedächtnis und zur Schmerzkrankheit ?
Bei lang anhaltenden Schmerzen bildet sich im zentralen Nervensystem (Gehirn und Rückenmark) ein Schmerzgedächtnis aus: die Schmerzinformation wird in den Genen der Nervenzellen fixiert und das Nervensystem baut sich um, es kommt zu einer Neuorganisation von Nervenbahnen. Der Schmerz wird dadurch "gebahnt" und verstärkt wahrgenommen ("der Schmerz brennt sich ins Nervensystem ein und wird gespeichert").
Anfangs sind diese Prozesse durch Therapie noch reversibel. Je länger die Schmerzen andauern , um so öfter und stärker leiden die Patienten unter:
- Körperliche Folgen wie Bewegungseinschränkung, Schon- oder Fehlhaltung, Muskelverspannungen
- Psychische Folgen wie Depressionen, Angstzustände und sozialer Rückzug, Gefühle von Hilflosigkeit, Schlafstörungen und Erschöpfungszustände
- Soziale Folgen wie Arbeitsunfähigkeit, Probleme in Partnerschaft, Familie und Freundeskreis
Die körperlichen, psychischen und sozialen Folgen chronischer Schmerzen treten in Wechselwirkung miteinander und können zur so genannten Schmerzkrankheit führen. Die Schmerzen haben dabei ihren Sinn verloren, sie sind zur eigentlichen Krankheit geworden und können das Leben eines Menschen massiv beeinträchtigen.
Wie kann spezielle Schmerztherapie helfen?
Die Schmerztherapie bei Patienten mit chronische Schmerzen ist wesentlich schwieriger und komplexer als bei Patienten mit akuten Schmerzen. Oft ist es nur durch die Kombinationen von unterschiedlichen Therapieformen und unter Einbeziehung verschiedener Fachrichtungen möglich, dem Patienten eine Erleichterung seiner Schmerzen zu verschaffen und damit seine Lebensqualität zu verbessern.
In unserem ambulanten Schmerzzentrum werden Patienten mit chronischen bzw. therapieresistenten Schmerzen verschiedenster Ursachen behandelt. Es wird ein Therpiekonzept für jeden Patienten - d.h. eine individuelle Kombination von verschiedenen Verfahren – aufgestellt. Dabei werden die biologisch-körperlichen, psychischen und sozialen Aspekte der Schmerzen jedes Patienten berücksichigt. Man spricht dabei von der so genannten multimodalen Therapie, die dem Stand der modernen Schmerzforschung entspricht und einer Einzelbehandlungsmethode vorzuziehen ist.