Fibromyalgie - Muskel-Sehnenschmerzen überall
(zentral bedingte Schmerz-Überempfindlichkeit)
Was ist Fibromyalgie? Kriterien und Befunde:
- ausgedehnte, wechselnde Muskel- Sehnenschmerzen in verschiedenen Körperregionen
- seit mehr als 3 Monaten
- schmerzhafte Druckpunkte an vielen Körperstellen (18 definierte „tender-points“, siehe Bild)
- generell herabgesetzte Schmerzschwelle
- zusätzlich ausgeprägte funktionelle, vegetative und psychische Beschwerden
- normale Laborbefunde für Entzündung, Rheumafaktor, Muskelenzyme, Schilddrüsenwerte
- keine Medikamenten-Nebenwirkung, keine Tumorerkrankung
- Vitamin D-Mangel ist häufig mit Fibromyalgie assoziiert, unbedingt substituieren
Wie häufig ist Fibromyalgie?
- 2-3% der Bevölkerung (10-13% der Frauen)
- zu 80% sind Frauen im Alter 40-60 Jahre betroffen
- Beginn der Schmerzen oft schon in Kindheit/Jugend
- Vollbild um die Menopause
Ursachen der Fibromyalgie?
- KEINE Entzündung des Muskels, KEIN Rheuma
- psychosoziale Belastungsfaktoren in Kindheit/Jugend
- Traumatisierungen (körperliche/sexuelle Gewalt)
- emotionale Vernachlässigung in der Familie
→ veränderte Stress-Schmerzverarbeitung im Gehirn
Typischerweise findet man:
- psychosozialer Dauerstress als Erwachsene
- Hyperaktivität und ausgeprägtes Kontrollverhalten
- geringes Selbstwertgefühl
- Hang zu Perfektionismus und zur Selbst-Überforderung
- Angst, depressive Stimmung
Die Ursachen der Fibromyalgie und die klinischen Symptome sind Ausdruck einer zentralen und hormonellen STRESSREAKTION mit genereller Schmerz-Verstärkung:
- Veränderungen im Gehirnstoffwechsel mit komplexen und weitreichende Veränderungen im zentralen Nervensystem (u.a. von Serotonin, Cortisol, Störung des Schlafmusters)
- Schwächung des körpereigenen Schmerzabwehr-Systems im Gehirn und Rückenmark
- Störungen des vegetativen Gleichgewichts
„Fibromyalgie ist die in den Körper geweinte Depression“
Die Odyssee der Fibromyalgie-Patienten ......
- häufiges Aufsuchen von Ärzten aus den verschiedensten Fachrichtungen
- Patienten fühlen sich nicht verstanden und oft nicht ernst genommen
- Ärzte reagieren abweisend („Modekrankheit“ „alles psychisch“)
- Überdiagnostik: immer wieder Röntgen, CT und Kernspin
- häufige Injektionen u.a. Cortison, häufige Operationen - dreimal so viel wie im Durchschnitt
- alle möglichen Therapien werden versucht, aber ohne Konzept: „alles hilft nichts“
- Resignation, Frust, Depression bei den Fibromyalgie-Betroffenen
Die Leitlinie „Fibromyalgie“ www.awmf.org/leitlinien beschreibt die Wirksamkeit folgender Therapien:
wirksame Medikamente:
- Amitriptylin ( „Goldstandard“) oder Trimipramin, Clomipramin: 10 - 25 ( - 50)mg abends
weitere Optionen: Fluoxetin, Mirtazapin, Duloxetin, Venlafaxin
schmerzwirksam, schlaffördernd, stimmungsaufhellend, aktivierend: Wirkungen als „Antistressivum“ - Tramadol: schwaches Opioid mit spezieller Wirkung bei Schmerzüberempfindlichkeit, Fibromyalgie
- diese speziellen Medikamente bewirken eine Verstärkung der körpereigenen Schmerzhemmung in der Schmerzverarbeitung und im zentralen Schmerzsystem
Zusätzliche Therapien:
- Hochdosierte Procain-Basen-Infusionen wirken durchblutungsfördernd und schmerzhemmend in den Muskeln und im zentralen Nervensystem, zusätzlich vegetativer Ausgleich und Reduktion von Stressreaktionen und einer Daueranspannung („Sympathikolyse“) o
- Magnesium-Infusionen und Magnesium transdermal (Anwendung über die Haut)
- Dosiertes, moderates Ausdauertraining: Bewegung und dabei Spaß haben ohne Leistungsdenken - in Studien und laut Patienten die wirksamste Methode, um die Schmerzen langfristig zu bessern
- multimodales tagesklinisches Programm zur Schmerztherapie in einer Klinik
- Entspannungstherapie („die Macht der sanften Methoden“) zur Stressverarbeitung und Schmerzbewältigung: nachgewiesen wirksam ist die Progressiver Muskelrelaxation nach Jacobson
- Kältetherapie: Ganzkörperanwendungen in der Kältekammer, und Wärmetherapie: Sauna
- biologische Zusatztherapie: Vitamin B12+Folsäure hochdosiert, Vitamin D hochdosiert, nach Blutspiegel
- Stoßwellen-Behandlungen und Injektionen bei Muskelverspannungen/Triggerpunkten
- Abklärung auf Gluten-Unverträglichkeit, Weizen-Sensitivität: Weizenfreie Diät, Gluten vermeiden (versteckt in vielen Fertigprodukten) Symptome: Laktose-Unverträglichkeit, Erschöpfung, Bauchbeschwerden, Schilddrüsen-Störung, Hautentzündungen, Ekzeme, Autoimmunkrankheit
Wichtig: die üblichen Schmerzmedikamente und starke Opiate wirken nicht!
- keine bzw. nur selten Antirheumatika (NSAR) wie Diclofenac, Ibuprofen: sind nicht wirksam, die Einnahme kann zu schweren Nebenwirkungen führen: Magengeschwüre, Magenblutungen, Nierenschäden! besser verträglich sind die neueren COX-2-Hemmer wie Celecoxib, Etoricoxib
- keine starken Opiate wie z.B. Morphin, Fentanylpflaster: sind nicht wirksam, nur Nebenwirkungen!
Spezielle Medikamente OHNE Zulassung (= off-label-use) für die Indikation Fibromyalgie:
- Pregabalin (Lyrica®): Zulassung in Deutschland für Nervenschmerzen und auch für Angststörung. Studien in den USA zeigten signifikante positive Effekte auf Befinden und Schlafstörung bei Fibromyalgie-Patienten.
Zusammenfassung: die Therapie bei Fibromyalgie / erhöhter Schmerzempfindlichkeit mit Ganzkörperschmerzen sollte multimodal sein, d.h. alle körperlichen, psychischen und sozialen Faktoren berücksichtigen. Wichtig ist
- eine stabile vertrauensvolle Arzt-Patienten-Beziehung
- Arzt mit Kenntnissen über Fibromyalgie / Zusatzbezeichnung „Spezielle Schmerztherapie“
- eine langfristiges Therapiekonzept
- Alles, was IHR Wohlbefinden steigert / was IHNEN Freude macht / was SIE genießen können, führt zur Besserung Ihres Befindens und der Beschwerden